Kontrollierter Dialog

Im Alltag hat das gemeinsame Quatschen, die Diskussion oder der Streit ein lebendige Dynamik. Einerseits kann dieses Eigenleben den besonderen Reiz von Gesprächen ausmachen und beispielsweise mit einem "Wow, wie sind wir hier eigentlich hingekommen?" kommentiert werden. Andererseits kann die Dynamik auch dazu führen, dass ein Gespräch zum Schlechten hin eskaliert. Oft besteht je nach Thema mehr oder weniger die Gefahr, dass es eskaliert: Gespräche über das Wetter sind sicher, wohingegen es bei Politik, Religion und Veganismus viel leichter zu Missverständnissen kommt und grundlegende Meinungsverschiedenheiten bestehen können. Der Kontrollierte Dialog ist eine Methode, um zumindest die Missverständnisse auszuschließen. Dadurch ist viel gewonnen, auch wenn man sich dann immer noch um grundlegendes streiten kann. Wir werden den kontrollierten Dialog mit kontroversen Themen als Übung sehr strikt anwenden. Diese strikte Anwendung trainiert die Basisfähigkeiten des konzentrierten Zuhörens und des Zusammenfassens. Auch kann man etwas über die Möglichkeiten der Gesprächssteuerung erfahren. Nicht zuletzt entstehen bei dieser Übung oft faszinierend andersartige Dialoge zu interessanten Themen.

Übung: Kontrollierter Dialog

  1. Rollenverteilung

    • T hemengeber:in
    • D iskussionspartner:in
    • B eobachter:in
  2. Ein Dialog (15′ Min)

    • T beginnt mit einem Statement zu einem kontroversen Thema. D fasst dieses Statement in eigenen Worten so zusammen, dass der vermutlich gemeinte Sinn nicht entstellt oder verzerrt wird.
      T hört bei der Zusammenfassung genau zu und sagt: "stimmt" oder "stimmt nicht".
      • Wenn es "nicht stimmt" hat D einen zweiten Versuch zum Zusammenfassen. Stimmt auch dieser zweite Versuch nicht, dann macht T nochmal ein Statement zu seinem Thema.
      • Erst wenn es "stimmt" darf D mit einem eigenen Statement reagieren (durchatmen, die eigenen Gedanken zum Thema sammeln, …). Die Reaktion muss nicht die Gegenmeinung sein, sondern kann auch zustimmen oder einen Aspekt besonders gewichten.
      • Nun ist T dran mit Zusammenfassen und D hört prüfend hin. Und so weiter…
      • B beobachtet den Dialog, passt auf, dass die Regeln eingehalten werden und achtet auf die Zeit.
  3. Blitzlicht (5′ Min)

    • Nach 15′ Minuten beendet B den Dialog und fragt T und D: "Wie geht es Dir jetzt und wie war es gerade?".
  4. Es werden insgesamt 3 Gespräche geführt und jede:r soll einmal T oder D gewesen sein. Reflektiert nach den Gesprächen über die Erfahrung. Schreibt ein kleines Gruppenstatement in das Etherpad. Mögliche Inhalte: Wir haben über x,y,z gesprochen. Bei der Anwendung des kontrollierten Dialogs ist uns aufgefallen… Anders als bei normalen Gesprächen… Bei dem Zusammenfassen kommt es darauf an, dass… … könnte man nicht in Alltagsgespräche übertragen … ist gut übertragbar".

Ein Beispieldialog

T: "Also ich denke in der heutigen Zeit ist es einfach nicht realistisch ein leben lang nur einen Partner zu haben. Dass die Menschen es trotzdem versuchen und dann scheitern verursacht viel Leid"

D: "Du sagst also: Polyamorie für alle und dann wird weniger gelitten?"

T: "Stimmt nicht"

D: "… Ok hmm, also Du meinst es ist heutzutage so, dass Menschen mehrere Lebenspartner haben … und dass das Ideal des einen Lebenspartners unrealistisch ist"

T: "…"

D: "und das Ideal verursacht Leid"

T: "stimmt"

D: "Aha, gut. Und ich denke dazu…"

Quelle

Antons, K. (2011). Praxis der Gruppendynamik: Übungen und Techniken. Hogrefe, Verlag für Psychologie.